Und weiter geht’s mit 2 Filmen der letzten beiden Tage. Der erste der beiden ist Al-wadi (https://www.berlinale.de/de/programm/berlinale_programm/datenblatt.php?film_id=201504241#tab=filmStills). Ein libanesischer Film von Ghassan Salhab. Schwierig schwierig. Der Film spielt im Libanon, er beginnt mit einer Szene auf einer kargen Bergstraße, man hört das Krachen eines Autos, welches in irgendeiner Weise in einen Unfall verwickelt ist und etwa 2 Minuten später eine Explosion. Ein Mann, Blut an Hemd, Kopf und Händen, läuft langsam und verwirrt die verlassene Straße entlang und begegnet nach ein paar weiteren Minuten einer Gruppe bestehend aus 2 Frauen um die 30 und 2 Männern ähnlichen Alters, die liegengeblieben sind und versuchen, ihren Volvo wieder zum starten zu bewegen. Der verletzte Fremde schafft es mit ein paar geübten Handgriffen, dass der Wagen anspringt und bricht dann zusammen. Die 4 sind sich zwar unsicher aber nehmen den Fremden mit, obwohl sie sehr zögerlich sind. Der Mann scheint unter einer Amnesie zu leiden und erinnert sich weder daran, wer er ist noch wo er her kommt. Der Wagen passiert unbeobachtet eine Strassensperre und schließlich erreichen sie das Anwesen, welches von mehreren Männern mit Maschinenpistolen bewacht wird. Die 4 scheinen etwas auf ihrem Anwesen zu verbergen zu haben. Im Laufe des Films stellt sich heraus, dass es wohl um die Produktion irgendwelcher chemischer Drogen geht. Die Amnesie des Fremden wird immer weniger glaubhaft für die anderen Protagonisten und es macht sich Unsicherheit und Aggressivität breit. Insbesondere als der Fremde nachts auf dem Gelände herumläuft. Das laufende Radio und viele weitere Dinge schaffen insgesamt eine bedrohliche und unsichere Situation. Die latente Bedrohung steigert sich Schritt für Schritt und wird kulminiert in einer militärischen Bedrohung und Meldungen, dass der gesamte nahe Osten bombardiert wird, die umliegen Ortschaften stehen in Flammen. Der Film endet beklemmend als das Wachpersonal aufgrund der insgesamt chaotischen Situation das abgesperrte Gelände und seine Bewohner verlässt. Nun zu einer Bewertung. Obwohl wir nicht darüber geredet haben, da es schon sehr spät am Abend war, war meine Begleitung (meine Schwester und ihr Freund) fassungslos und konnte so gar nichts mit dem Film anfangen. Die schauspielerische Leistung war in der Tat sehr begrenzt. Jedoch konnte ich durchaus etwas mit der bedrohlichen und mysteriösen Stimmung des Films anfangen. Auch viele der Bilder waren sehr klar und gut komponiert. Ich mochte die Poesie des Films, die Unsicherheit in dieser (und vielen anderen) Regionen des Nahen Ostens spüren. Die Schönheit der Landschaft, direkt umgeben von Unsicherheit und der täglichen Bedrohung. Insgesamt bin ich gespalten wie ich den Film bewerten soll.
Der nächste Film war ein Beitrag einer griechischen Künstlerin – Evangelia Kranioti – mit Namen Exotica, Erotica, Etc. (https://www.berlinale.de/de/programm/berlinale_programm/datenblatt.php?film_id=201506545#tab=filmStills). Ein dokumentarischer Film mit einer gewaltigen und umwerfenden Bildersprache. Die Regisseurin ist über einen längeren Zeitraum (keine Ahnung wie lange wirklich) auf vielen Schiffen mitgereist und hat in den Häfen der Welt mit unzähligen Prostituierten und auf den Schiffen mit unzähligen Seemännern gesprochen. Zu sehen bekommt man spektakuläre Bilder aus den Schiffen, der Abgeschiedenheit, Aufnahmen bei unterschiedlichsten Wetter (Sturm, Eis und Schnee am Nordpol), Bilder aus den unterschiedlichsten Häfen. Dabei war die Kamera oftmals nur beobachtend aber es gab eine männliche Stimme eines Kapitäns, die philosophierte und den ganzen Film immer wieder begleitet hat. Eine weibliche Protagonistin von etwa 65 Jahren nahm einen weiteren besonderen Raum ein. Sie erzählt über ihre vergangenen Jahre, ihre Sehnsucht nach den Seemännern, von Liebe, den einzigartigen und bitteren Geschmack der Haut und ihrer Obsession für griechische Seemänner. Man sieht ihren teilweise geschundenen Körper, ihre Falten und folgt ihrer von Sehnsucht durchdrungenen und mystifizierten Geschichte. Sicher romantisierend – wie eine Zuschauerin nach dem Film bemerkte – aber ein wirklich toller Film! Der erste Film von Evangelia Kranioti, die von sich sagt, dass sie keine Filmemacherin ist sondern „visuelle Kunst“ (Video, Fotographie etc.) macht. Ein Film ist erst im Laufe des Projekts aus dem ganzen geworden und war nicht die ursprüngliche Idee. In kurzen Worten: sehr empfehlenswert! Könnte mir vorstellen, dass er auf einer kleineren Leinwand oder im Fernsehen verliert.